Störung des Hausfriedens erlaubt Kündigung
NachbarschaftsstreitEine Mieterin scheiterte mit dem Versuch, ihre ordentliche Kündigung anzufechten. Sie stand mit Nachbarn immer wieder im Streit. Trotz Vorwurf der Missbräuchlichkeit be- werteten die Gerichte die Kündigung als gerechtfertigt. Der Wunsch der Verwaltung, den Hausfrieden wiederherzustellen, wurde als legitimes Interesse anerkannt.
Eine Mieterin aus dem Kanton Schaffhausen hatte Streit mit einer Nachbarsfamilie im selben Haus. Über Jahre reklamierte die Mieterin oft bei der Verwaltung, verbot dem Hauswart, den Rasen zu mähen oder hat die Mitmieter angewiesen, wann Fenster und Türen zu schliessen oder zu öffnen seien. Zudem hat sie die Umgebung bei offenem Fenster mittels eines Spiegels beobachtet. Dabei kam es mit der besagten Nachbarsfamilie oftmals zum Streit. Schliesslich kündigte die Verwaltung das Mietverhältnis der Mieterin ordentlich auf den nächsten Termin. Die Mieterin wehrte sich gegen die Kündigung mit der Begründung, sie sei nicht die Hauptstörerin, weshalb die Kündigung missbräuchlich sei und aufgehoben werden müsse. Da es an der Schlichtungsverhandlung keine Einigung gab, zog sie den Fall zuerst vor das erstinstanzliche Gericht und anschliessend ans Obergericht. Beide Instanzen beurteilen die Kündigung als gültig (Obergericht Schaffhausen, Urteil 10/2023/17 vom 19.3.24).
Rechtliche Erwägungen des Obergerichts
Die ordentliche Kündigung eines Mietvertrages setzt keinen besonderen Kündigungsgrund voraus. Vermieter sind grundsätzlich frei, ein unbefristetes Mietverhältnis unter Einhaltung der vertraglichen oder gesetzlichen Fristen und Termine zu beenden. Die Kündigung von Wohn- oder Geschäftsräumen ist aber gemäss Art. 271 Abs. 1 OR anfechtbar, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstösst. Als treuwidrig gilt eine Kündigung allgemein, wenn sie ohne objektives, ernsthaftes und schützenswertes Interesse ausgesprochen wird und damit aus reiner Schikane erfolgt oder Interessen der Parteien tangiert, die in einem krassen Missverhältnis zueinanderstehen.
Der Empfänger einer Kündigung hat zu beweisen, dass diese missbräuchlich erfolgte. Der Kündigende hat jedoch zur Wahrheitsfindung beizutragen und die Kündigung auf Verlangen zu begründen, respektive im Bestreitungsfall alle für die Beurteilung des Kündigungsgrunds notwendigen Unterlagen vorzulegen. Eine mangelnde oder fehlerhafte Begründung kann ein Indiz dafür sein, dass kein schützenswertes Interesse an der Kündigung besteht. Treuwidrigkeit wird angenommen, wenn der angegebene Kündigungsgrund vorgeschoben und der wahre Grund nicht feststellbar ist. Beide Gerichte haben festgestellt, dass die gekündigte Mieterin den nötigen Beweis für eine Missbräuchlichkeit der Kündigung nicht zu erbringen vermochte. Der Wunsch, den Hausfrieden wiederherzustellen, stelle ein objektives, ernsthaftes und schützenswertes Interesse an der Auflösung des Mietverhältnisses dar und rechtfertige eine ordentliche Kündigung.
Das Gericht bestätigte, dass die Verwaltung nicht nach Ursachen oder Verantwortlichkeiten der Missstimmung in der streitgegenständlichen Liegenschaft suchen müsse. Der Wunsch der Vermieter, den Hausfrieden unter den Mietern wiederherzustellen, sei ein objektives, ernsthaftes und schützenswertes Interesse der Vermieter. Es sei nicht nötig, dass die Spannungen das übliche Mass übersteigen oder das Ausmass so stark sein müsse, dass es die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar mache.
Schliesslich wurde noch geltend gemacht, die Missbräuchlichkeit bestehe auch deswegen, da die andere Familie inzwischen gekündigt habe und bereits ausgezogen sei. Dass dies kein Argument ist, hat auch das Bundesgericht in BGE 145 III 143 bestätigt, da die Rechtmässigkeit der Kündigung jeweils im Zeitpunkt des Aussprechens der Kündigung beurteilt wird und die Kündigung nicht nachträglich treuwidrig werden kann.

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