Stadtratskandidaten auf den Zahn gefühlt
Der HEV Stadt St.Gallen und das Gewerbe St.Gallen empfehlen zwei Stadtratskandidaten zur Wahl: Der bisherige Mathias Gabathuler (FDP) und der neukandidierende Patrik Angehrn (Mitte). Sie nehmen zu für die Haus- und Grundeigentümer wichtigen Fragen Stellung.Finanzen und Steuern
Die finanzielle Lage der Stadt St.Gallen ist angespannt. Gleichzeitig hat die Stadt St.Gallen einen der höchsten Steuerfüsse im Kanton. Wie wollen Sie die Finanzen in den Griff bekommen?
Mathias Gabathuler: Die finanzielle Lage der Stadt St.Gallen ist trotz angemessener Steuereinnahmen angespannt. Die Hauptprobleme sehe ich in den hohen Ausgaben, die wir als Stadt tätigen. Mit dem Programm «Fokus 25» haben wir einen ersten Schritt unternommen, um Einsparungen zu erzielen. Doch dabei darf es nicht bleiben. Es braucht einen langfristig soliden Stadthaushalt mit pragmatischer Unterscheidung zwischen Nötigem und Wünschbarem. Zudem muss die Steuerbelastung gesenkt werden, um im Vergleich zu den Nachbargemeinden wieder attraktiver zu werden.
Patrik Angehrn: Einerseits sollen die von der Stadt jedes Jahr erbrachten zentralörtlichen Leistungen mit dem kantonalen Lastenausgleich fairer entschädigt werden. Eine erste Weichenstellung dazu erfolgt diesen Herbst durch den Kantonsrat. Und andererseits müssen wir als Stadt unsere Hausaufgaben bei der mittlerweile über Fr. 700 Mio. umfassenden Aufwandseite des städtischen Finanzhaushaltes erledigen. Es muss möglich sein, den Aufwand zu reduzieren. Dies soll auch über die Investitionen bzw. den daraus folgenden Abschreibungen erfolgen. Die Zeiten sind vorbei, in welchen wir Projekte durchwinken, welche gemäss Investitionsplanung Fr. 9 Mio. kosten sollten und dann ein Siegerprojekt vorlegt wird, welches Kosten von über Fr. 15 Mio. vorsehen (Tagesbetreuung Boppartshof).
Parkgebühren
Am 22.8.2023 hat das Stadtparlament über eine Erhöhung der Parkgebühren befunden, obwohl der Preisüberwacher der Stadt empfohlen hat, die Parkgebühren für die Erweiterte Blaue Zone (EBZ) um 37% und in der Weissen Zone um 59% zu senken, da die Gebühren laut Kostendeckungsprinzip schon vorher viel zu hoch waren. Wie ist ihre Meinung zum Entscheid und welche Strategie wollen Sie verfolgen, um die Innenstadt zu beleben, dem «Lädeli-Sterben» entgegenzuwirken und die Wirtschaft der Stadt zu stärken?
Patrik Angehrn: Die Parkgebühren haben auch eine Lenkungsfunktion. Deshalb finde ich eine moderate Erhöhung der Parkgebühren für oberirdische Parkplätze (und damit die Angleichung an Parkplätze in Tiefgaragen) sowie die Nachtparkgebühr in Ordnung. Nicht in Ordnung ist es, wenn oberirdische Parkplätze auf Vorrat aufgehoben werden, mit dem Verweis, dass diese in der neuen Tiefgarage UG25 kompensiert werden. Deren Fertigstellung mit attraktiver Fussgängerbrücke verzögert sich bekanntlich.
Für die Innenstadt braucht es ein funktionierendes (Park-)Konzept, mit welchem die verschiedensten Ansprüche erfüllt werden. Insbesondere nach dem vor acht Jahren gefällten Entscheid, das Tiefgaragenprojekt Schibenertor (Uniongebäude) zu versenken. Mit dem geschaffenen Gefäss des City Management Boards sollten die Bedürfnisse eingeholt und nach besten Lösungen gerungen werden. Weshalb nicht zeitlich einschränkbare Parkplätze oder Fahrzeiten ermöglichen?
Mathias Gabathuler: Das Stadtparlament hat auf Vorschlag des Stadtrats die Erhöhung der Parkgebühren beschlossen. Diesen Entscheid gilt es mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse im Rat und Parlament zu akzeptieren. Als Stadtrat setze ich mich ein für eine fortschrittliche städtische Entwicklung mit einer Vielfalt an wirtschaftlichen, bildungsmässigen, kulturellen und sportlichen Möglichkeiten. Wir haben heute mit der Universität St.Gallen bereits einen Leuchtturm und eine Wertschöpfungslokomotive. Weitere zentrale Institutionen in unserer Bildungslandschaft sind die EMPA und der Innovationspark, die FH Ost, die PHSG und exzellente Berufsfach-, Kantons- und Volksschulen. Dieses Potential ist weiter auszubauen. Zudem müssen wir die Rahmenbedingungen für unser Gewerbe verbessern: Erreichbarkeit stärken, Verwaltungsprozesse beschleunigen und Bürokratie abbauen.
Verdichtung
Die Raumplanung fordert insbesondere in den Städten verstärkte Verdichtung. Das wiederum befeuert Einsprachen und höhere Regulierung. Wie packen Sie diesen Zielkonflikt an?
Patrik Angehrn: Die Stadt St.Gallen hat durchaus Potential, sich innerhalb des bestehenden Siedlungsgebietes zu entwickeln. Von der neuen Bauordnung erwarte ich klar definierte Räume, in welchen nach der Regelbauweise eine moderate Verdichtung möglich wird. Und nicht ein Vertrösten, dass eine solche Verdichtung über Sondernutzungspläne allenfalls möglich gemacht wird. Denn diese Sondernutzungspläne sind es, welche das Baubewilligungsverfahren derart in die Länge ziehen und unberechenbar machen, dass Bauwillige oft daran verzweifeln. Es muss gelingen, eine Rahmenordnung zu schaffen, innerhalb welcher die Bauwilligen frei planen und realisieren können. Das Baubewilligungsverfahren muss verlässlicher werden; mindestens dann, wenn keine Ausnahmenregelungen beansprucht werden.
Mathias Gabathuler: Bei der Raumplanung und beim Bauwesen ist die Regulierungsdichte generell hoch. Einsprachen verhindern Entwicklungen zusätzlich. Als Stadt müssen wir speziell darauf achten, dass wir keine zusätzlichen Hürden aufstellen, sondern viel mehr eine Ermöglichungskultur leben. Eigentum muss geschützt, Entwicklung gefördert und Prozesse müssen vereinfacht werden.
Engpassbeseitigung
Wie stehen Sie zur Engpassbeseitigung St.Gallen mit der dritten Röhre Rosenberg und dem Zubringer Güterbahnhof?
Mathias Gabathuler: Die Verkehrssituation in unserer Stadt ist längst bekannt: Die Stadtautobahn stösst in Spitzenzeiten an ihre Grenzen und kleinste Störungen führen dazu, dass Autofahrende auf das Stadtgebiet ausweichen. Dadurch kommt es zu Behinderungen und Staus auf dem städtischen Netz. Die Quartiere werden belastet, der ÖV ausgebremst und das Velofahren unsicherer. Die unabdingbare Sanierung des Rosenbergtunnels wird diese Probleme in Zukunft zusätzlich verschärfen. Vor diesem Hintergrund ist für den Stadtrat klar: Für kürzere und sicherere Wege, für lebendigere Quartiere, für weniger Lärm mit geringerem Landverbrauch und für eine bessere Erreichbarkeit braucht es das Projekt «Engpassbeseitigung St.Gallen» mit der dritten Röhre des Rosenbergtunnels inklusive Spange Güterbahnhof.
Patrik Angehrn: Die dritte Röhre ist aus meiner Sicht mittlerweile unbestritten. Aufgrund der notwendigen Sanierung des Rosenbergtunnels würde sowohl der innerstädtische, als auch der Verkehr auf der Autobahn zusammenbrechen.
Der Zubringer Güterbahnhof ist eine vollständig unterirdisch angelegte Zu-/Wegfahrt und bringt der Stadt eine willkommene Entlastung des Knotens St.Leonhard. Auch wenn die Autobahneinfahrt Richtung Osten nicht möglich sein wird, brauchen wir eine möglichst frühe Entflechtung der Fahrzeuge, welche auf die Autobahn möchten.
Aus meiner Sicht das «Kernstück» dieses Projekts ist der Liebegg-Tunnel. Gemäss den Modellrechnungen wird die Teufenerstrasse und damit das gesamte Quartier Riethüsli massiv vom Verkehr entlastet und bringt enorme Verbesserung mit sich.
Arealentwicklungen
Bei wichtigen Arealen (z.B. Bahnhof Nord, St.Fiden-Heiligkreuz, Ruckhalde) scheint sich kaum mehr etwas zu bewegen. Wo sehen Sie das Problem und wie gehen Sie es als Stadtrat an?
Mathias Gabathuler: Die Entwicklung wichtiger Areale wie Bahnhof Nord, Güterbahnhof, St.Fiden-Heiligkreuz und Ruckhalde ist zentral für die Zukunft unserer Stadt. Um hier Fortschritte zu erzielen, sind gute Beziehungen und ein intensiver Austausch mit sämtlichen Anspruchsgruppen entscheidend. Insbesondere eine enge Abstimmung zwischen Stadt und Kanton ist unerlässlich, um gemeinsame Ziele zu erreichen und das Potenzial dieser strategischen Standorte voll auszuschöpfen. Hier müssen wir hartnäckig sein.
Patrik Angehrn: Realistischerweise dauert die Planung von Grossprojekten schnell 10 Jahre. Es ist deshalb wichtig, dass mit diesen Brachen ein klares Ziel verfolgt wird. Und dann braucht es einen Stadtrat, der diesen Weg bis zum gewünschten Ziel konsequent verfolgt. Es braucht Selbstbewusstsein und auch einen starken Willen, diesen Weg allen Vorbehalten zum Trotz zu beschreiten und auch gegenüber den verschiedenen Interessensgruppen durchzusetzen. Wir sind die mit Abstand grösste Gemeinde im Kanton St.Gallen. Daraus dürfen auch Rechte eingefordert werden.