Kündigung wegen Zahlungsverzugs
Kein klarer Fall für die AusweisungEin Entscheid des Kantonsgerichts St.Gallen hat eine fragwürdige Praxisänderung bei der Zahlungsverzugskündigung eines Mietverhältnisses zur Folge.
Das Kantonsgericht St.Gallen hat am 15.9.2023 entschieden, dass bei einer Kündigung des Vermieters wegen Zahlungsverzugs nach Art. 257d OR für die Ausweisung des Mieters kein klares Recht vorliegt und auf das Ausweisungsgesuch des Vermieters nicht einzutreten ist. Gemäss dem besagten Artikel muss der Vermieter zuerst eine Abmahnung für den ausstehenden Betrag setzen mit einer Frist von 30 Tagen. Nach Ablauf der Frist kann der Vermieter das Mietverhältnis mit einer Frist von 30 Tagen auf Ende eines Montas kündigen. Bisher war die Praxis, dass eine solch vorzeitige Kündigung als ausserordentliche Kündigung betrachtet wird und ohne Begründung gültig war.
Seit dem am 30.7.2024 publizierten Entscheides des St.Galler Kantonsgerichts übernimmt das Kreisgericht St.Gallen die neue Praxis des Kantonsgerichts und weist sämtliche unbegründeten Ausweisungen der Vermieter wegen Zahlungsverzugs durch Nichteintreten zurück.
Rechtliche Erwägungen des Kantonsgerichts
Das Kantonsgericht St.Gallen bestätigte die Praxis des Bundesgerichts, dass ordentliche Kündigungen eines Mietverhältnisses für die Gültigkeit keine Begründung benötigen, der Mieter aber eine Begründung verlangen kann. Ob Entsprechendes auch für eine ausserordentliche Kündigung wie die Zahlungsverzugskündigung nach Art. 257d OR gilt, ist in der Lehre umstritten.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts müssen die zur ausserordentlichen Kündigung berechtigten wichtigen Gründe im Kündigungsschreiben nicht explizit genannt werden. Es sei indessen unerlässlich, dass der Empfänger der Auflösungserklärung entnehmen könne, dass es sich nicht um eine ordentliche Kündigung handle. Ob dies bereits dann der Fall ist, wenn die angeführte Kündigungsfrist nicht der ordentlichen Kündigungsfrist entspricht, hat das Bundesgericht noch nicht entschieden.
Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis mit der vom Gesetz vorgesehenen verkürzten Kündigungsfrist von 30 Tagen auf Ende eines Monats ohne den Hinweis, dass es sich um eine ausserordentliche Kündigung handelt. Ob dies mit der vorausgehenden Zahlungsaufforderung ausreicht, um von einer wirksamen Kündigung auszugehen, ist in der Lehre umstritten und ergibt sich auch nicht ohne Weiteres aus der Rechtsprechung. Da daher kein klares Recht vorliege, ist das Kantonsgericht auf das Ausweisungsbegehren des Vermieters nicht eingetreten und hat den Kreisgerichtsentscheid aufgehoben und die Berufung des Mieters gutgeheissen (BS.2023.5-EZ03).
Persönliche Erwägungen zum Urteil
Das Gesetz sieht in Art. 257d OR zur Kündigung wegen Zahlungsverzugs klare Richtlinien vor und fordert vom Vermieter in einem ersten Schritt eine Abmahnung des Ausstandes und eine 30-tägige Nachfrist mit Kündigungsandrohung. In einem zweiten Schritt kann der Vermieter eine vorzeitige Kündigung mit 30-tägiger Kündigungsfrist aussprechen. Aus meiner Sicht sollte nach vorangehender Mahnung genügend klar sein, dass der Vollzug dieser ausserordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs unmissverständliche Folgen hat. Für den Mieter sollte nachvollziehbar sein, weshalb er eine vorzeitige Kündigung erhält. Es ist sehr fragwürdig, eine Begründung für eine Zahlungsverzugskündigung zu verlangen und gleichzeitig auf dem amtlichen Kündigungsformular des Kantons St.Gallen keinen Platz für eine Begründung vorzusehen. Schliesslich wurde das Formular vom Kanton St.Gallen genehmigt. Somit verlangt das Kantonsgericht St.Gallen mehr, als im vom Kanton St.Gallen genehmigten Formular vorgesehen ist!
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